DENEFF
Herr Noll,
Sie sind Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen
Unternehmens-
initiative Energieeffizienz (DENEFF).
Wessen Interessen vertritt Ihre Organisation?
Noll: Wir
sind eine Initiative von über 60 Unternehmen in Deutschland, die sich
mit dem Thema „Energieeffizienz“ beschäftigen, sowohl im Gebäudebereich
als auch im Bereich der Industrie, Hausgeräten, usw. Unser Interesse ist
es, Energieeffizienz in der gesamten Breite als wichtiges Thema in der
Politik und Wirtschaft zu stärken.
EnEV-Novelle
Gestern,
am Freitag, den 14. September 2012, haben Sie in Berlin an der Konferenz
des Bundesverbandes der Deutschen Bauindustrie (BDI) zum Thema
„Energieeffizienz“ teilgenommen. Rainer Bomba, Staatssekretär im
Bundesbauministerium (BMVBS), überraschte in seinem Grußwort mit einer
Nachricht. Was hat Herr Bomba gestern in Berlin verkündet?
Noll: Herr
Bomba hat eine Einigung der Bundesministerien auf einen gemeinsamen
Regierungsentwurf für die Novelle zur Energieeinsparverordnung (EnEV)
verkündet. Es gab wohl in der letzten Zeit noch Diskussionen zwischen
dem Bundesbau- und Bundesumweltministerium darüber wie scharf die
„energetischen Anforderungs-Schrauben“ angezogen werden sollen.
Verschärfungen
Wie weit
waren weitere Verschärfungen im Gespräch?
Noll: Unter
der alten schwarz-roten Regierung war noch die Rede von einer
Verschärfung um 30 Prozent gewesen – damals im Meseberger Programm. In
den letzten Monaten wurden diverse, teilweise umstrittene Gutachten
veröffentlicht, die beleuchten sollten in wieweit eine
Wirtschaftlichkeit gegeben ist.
Ich glaube
jedoch, dass spätestens nach der Diskussion um den Sanierungsfahrplan
für Gebäude im Energiekonzept der Bundesregierung klar war, dass weitere
Verschärfungen politisch nicht durchsetzbar sind. Deshalb war das, was
Herr Bomba jetzt verkündet hat, nicht wirklich überraschend. Man hat
damit gerechnet und darauf gewartet, dass dieser Entwurf kommt.
Anforderungen
Nannte
Herr Bomba auch konkrete Anforderungen des aktuellen EnEV-Entwurfs für
Neubauten und für Sanierungen im Baubestand?
Noll: Wir
kennen die letzten Details des finalen EnEV-Entwurfes noch nicht.
Für den
Neubau hat man offenbar die Vorgabe der EU-Gebäuderichtlinie umgesetzt,
dahingehend, dass man sich stufenweise dem Nahezu-Nullenergiegebäude
nähert. Wir begrüßen dieses Vorgehen, denn die für 2021 gesteckte
Zielmarke kann nicht sinnvoll erst dann von einem Tag auf den anderen
gesetzt werden. Diese Chance wurde zumindest im Neubau genutzt.
Im
Gebäudebestand soll es keine Verschärfungen geben und auch die
technische Komplexität wird im Ergebnis wohl die gleiche bleiben. Hier
sollte grundsätzlich methodisch neu gedacht werden. Doch die
Diskussionen zum Sanierungsfahrplan sind bisher sehr mühsam verlaufen
– von daher glaube ich, dass man gut daran getan hat hier nichts "übers
Knie zu brechen."
Energiepolizei
Die Medien
verbreiteten in den letzten Wochen die Nachricht, dass
Bundesumweltminister Peter Altmaier strengere Anforderungen in der
EnEV-Novelle verlange – es war die Rede von einer „Energiepolizei“. War
auf der BDI-Konferenz von diesen Themen noch die Rede?
Noll: Es kam
keine ausführliche Diskussion dazu auf. Wirtschaftsminister Rösler, der
ebenfalls ein Grußwort sprach, erwähnte natürlich, dass es keine
"Energiepolizei" geben wird bei einer liberalen Regierungsbeteiligung.
Die Diskussionen hierzu sind vor allem durch Pressemeldungen zum
Erfahrungsbericht zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) und
dessen Novelle entstanden. Hieraus wurde dann vor einigen Wochen in
diversen Medien schnell polemisierend „Energiepolizei-Absichten“
herausgelesen, wovon sich Altmaier sehr schnell distanziert hat. Ich
glaube der Bundesumweltminister wird in erster Linie seinen Kurs als der
Politiker der schnellen Einigungen weiterverfolgen, das verdeutlichte er
auch auf dem Tag der Energieeffizienz der DENEFF am vergangenen
Mittwoch.
Reaktionen
Wer saßen
im Publikum auf der BDI-Konferenz zur Energieeffizienz und wie haben sie
die Nachricht zur EnEV-Novelle aufgenommen?
Noll: Im
Publikum saßen die Vertreter von allen beteiligten Interessenkreisen -
von Herstellern für Gebäudetechnik über Dämm-Materialien,
Energiedienstleistern bis hin zur Wohnungswirtschaft, Vertreter des
Deutschen Mieterbundes, usw..
Bombas
Nachricht wurde unterschiedlich aufgenommen. Gerade die
Haubesitzerseite, die sich gegen weitere Verschärfungen ausgesprochen
hatte, zeigte sich natürlich erleichtert. Die Vertreter der Anbieter von
Effizienzlösungen, die auch wir vertreten, haben die Nachricht mit eher
gemischten Gefühlen aufgenommen, auch da noch keine konkreten Details
genannt wurden.
Zustimmung
Was
bedeutet diese EnEV-Novellen-Einigung für Sie als DENEFF-Vertreter?
Noll:
Grundsätzlich begrüßen wie diese Einigung. Für uns bedeutet sie, dass es
zumindest für die nächstfolgenden Jahre eine gewisse Planungssicherheit
gibt, das klar ist welche Anforderungen auf Architekten, Planer, auf
ausführende Handwerker sowie auf die Bauherren und Eigentümer zukommen.
Damit wird dann auch klar sein, welche Produkte der Markt in den
kommenden Jahren benötigt.
Kritik
Das sind
die guten Nachrichten, doch sind sie damit zufrieden?
Noll: Wir
warten noch auf die langfristige Perspektive eines Sanierungsfahrplans
2050, der aufzeigt, wie es weitergehen soll. Wir wollen raus aus einer
Situation in der man nicht weiß was die jeweils nächste Novellierung
eines Gesetzes wie der EnEV bringt oder die Anpassung der KfW-Förderung,
die letztendlich auch sehr stark damit zusammenhängt. Und in der realen
Gesetzgebung müssen sich irgendwann auch die gewünschten Ziele im
Energiekonzept widerspiegeln, sonst bleibt das reines Wunschdenken.
Erwartungen
Was
fordern und erwarten Sie von der Politik in diesem Kontext?
Noll: Wir
hoffen, dass bis zum Ende des Jahres eine Vorstellung konkret wird, wie
der Sanierungsfahrplan aussehen wird – das steht weiterhin noch aus. Zur
EnEV-Novelle selber – wir erwarten, dass wir in den nächsten Tagen den
finalen EnEV-Entwurf auch zur Stellungnahme zugesandt erhalten. Wir
werden den Entwurf mit unseren Mitgliedern diskutieren und danach sehen
wie wir diesen Entwurf bewerten und wie wir hier noch konstruktive
Verbesserungsvorschläge einbringen können.
Perspektiven
Wie werden
Sie als DENEFF die gesamte Problematik angehen?
Noll: Wir
werden als DENEFF stärker daraufhin arbeiten, eben langfristige
Perspektiven zu betrachten, Technologieoffenheit nach vorne zu bringen
und die energetische Gebäudesanierung zielorientiert zu betrachten
anstatt sich auf technische Einzelanforderungen zu konzentrieren.
Letzteres ist eher das Metier von den Fachverbänden, die beurteilen
können, welches die ideale Anforderung für die einzelne Technologie
wäre. Uns geht es um die übergeordneten Zusammenhänge, positive Impulse
für den Markt und die Erreichung der von Bundesregierung und EU
gesetzten mittel- und langfristigen Effizienzziele.
Wunschliste
Nicht nur
die EnEV wird novelliert sondern auch das EEWärmeG soll erneuert werden.
Auch wird die KfW-Förderung immer mal wieder geändert. Was wünschen Sie
sich als DENEFF in diesem Zusammenhang?
Noll: Was wir
uns auf jeden Fall wünschen ist mehr Kohärenz zwischen EnEV und
EEWärmeG. Ob man sie dazu noch mehr miteinander verschränken oder sogar
in einem einzigen Gesetz zusammenführen sollte muss hierbei sorgsam
abgewogen werden. Auch müsste eine bessere Kompatibilität zwischen der
finanziellen Förderung, dem Ordnungsrecht und der langfristigen
Weiterentwicklung von Standards geschaffen werden. Wir wünschen uns
insbesondere, dass die Anforderungen nachvollziehbar und gut umsetzbar
gestaltet werden. Dafür wäre eine ganzheitliche Energieberatung
elementar, die als Einstieg in einen individuellen Sanierungsfahrplan
dienen kann. Zuvorderst sollte jedoch unbedingt eine Langzeitperspektive
gegeben sein, weil Planungssicherheit das „A“ und „O“ sowohl für den
einzelnen Gebäudebesitzer als auch für die Hersteller von Produkten und
Dienstleistungsanbieter ist.
Herr Noll,
Ihrer Wunschliste kann ich mich gerne anschließen und danke Ihnen für
Ihre aufschlussreichen Antworten!
Melita
Tuschinski
Redaktion@enev-online.de
Kontakt für weitere Fragen:
Christian Noll, Geschäftsführender Vorstand
Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF)
Kirchstraße 21, D-10557 Berlin
Telefon + 49 (0) 30 / 36 40 97 - 01
Telefax + 49 (0) 30 / 36 40 97 - 42
E-Mail christian.noll@deneff.org
Internet: www.deneff.org
Kontakt zur Autorin:
Institut für Energie-Effiziente Architektur mit Internet-Medien
Melita Tuschinski, Dipl.-Ing.UT Fr. Architektin
Bebelstrasse 78, D-70193 Stuttgart
Telefon: + 49 (0) 7 11 / 6 15 49 26
E-Mail: info@tuschinski.de
www.tuschinski.de, www.enev-online.de
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Verwertungsrechte dieses Interviews, bzw. dieser Publikation, bei der
Autorin Melita Tuschinski liegen. Bitte nehmen Sie bei Interesse Kontakt mit
der Autorin auf. Für unsere Informationen im Fachportal www.EnEV-online.de
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EnEV 2014 / 2013: Was kommt wann?
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