Die novellierte EU-Richtlinie 2010 will die
Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden stärken und dabei das
äußere und innere Klima sowie die Kostenwirksamkeit der
notwendigen Maßnahmen berücksichtigen. Dafür gibt sie den
allgemeinen Rahmen für eine Rechenmethode für die
Energieeffizienz von Gebäuden an. Sie fordert, dass die
Mitgliedsstaaten Mindeststandards anwenden bezüglich der
Gesamtenergieeffizienz des gesamten Gebäudes und der
Gebäudeteile. Ein "Gebäudeteil" ist gemäß der Novelle ein
„Gebäudeabschnitt, eine Etage oder eine Wohnung innerhalb
eines Gebäudes, der bzw. die für eine gesonderte Nutzung
ausgelegt ist oder hierfür umgebaut wurde.“ Auch sollen die
Mitgliedsländer:
-
Energieausweise für
Gebäude oder Gebäudeteile ausstellen,
-
Heizungs- und Klimaanlagen
in Gebäuden regelmäßig inspizieren,
-
ein unabhängiger
Kontrollsystem für Energieausweise und
Inspektionsberichte einrichten.
Die Richtlinien-Novelle betont ausdrücklich, dass sie nur
Mindestanforderungen umfasst. Die Mitgliedstaaten können
auch höhere Anforderungen beibehalten oder einführen.
Allerdings müssen sie diese ggf. der EU-Kommission
notifizieren.
Die EU-Länder müssen für Gebäude oder Gebäudeteile
energetische Standards vorschreiben, damit ein
„kostenoptimales Niveau“ erreicht wird. Gemeint ist „das
Gesamtenergieeffizienzniveau, das während der geschätzten
wirtschaftlichen Lebensdauer mit den niedrigsten Kosten
verbunden ist“.
Was sich hinter den Begriffen verbirgt, erklärt die
Richtlinie im Artikel 2 (Begriffsbestimmungen) unter Punkt
14: „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet …
„kostenoptimales Niveau“ das Gesamtenergieeffizienzniveau,
das während der geschätzten wirtschaftlichen Lebensdauer mit
den niedrigsten Kosten verbunden ist, wobei
-
die niedrigsten Kosten
unter Berücksichtigung der energiebezogenen
Investitionskosten, der Instandhaltungs- und
Betriebskosten (einschließlich der Energiekosten und
-einsparungen, der betreffenden Gebäudekategorie und
gegebenenfalls der Einnahmen aus der Energieerzeugung)
sowie gegebenenfalls der Entsorgungskosten ermittelt
werden und
-
die geschätzte
wirtschaftliche Lebensdauer von jedem Mitgliedstaat
bestimmt wird. Sie bezieht sich auf die geschätzte
wirtschaftliche Restlebensdauer eines Gebäudes, wenn
Gesamtenergieeffizienzanforderungen für das Gebäude
insgesamt festgelegt werden, oder auf die geschätzte
wirtschaftliche Lebensdauer einer Gebäudekomponente,
wenn Gesamtenergieeffizienzanforderungen für
Gebäudekomponenten festgelegt werden;
Das kostenoptimale Niveau liegt in dem Bereich der
Gesamtenergieeffizienzniveaus, in denen die über die
geschätzte wirtschaftliche Lebensdauer berechnete Kosten-
Nutzen-Analyse positiv ausfällt“.
Die Mitgliedstaaten müssen auch für die Bauteile der
wärmeabgebenden Gebäudehülle Mindestanforderungen an ihre
Gesamtenergieeffizienz festgelegen, insbesondere für
diejenigen Außenbauteile deren Nachrüstung sich erheblich
auf die Energiebilanz des Gebäudes auswirkt. Allerdings
müssen die EU-Länder keine Mindestanforderungen an die
Gesamtenergieeffizienz vorschreiben wenn sie über die
geschätzte wirtschaftliche Lebensdauer der Außenbauteile
nicht kosteneffizient sind. Die Standards sollen die Staaten
regelmäßig, mindestens alle fünf Jahre, überprüfen und ggf.
aktualisieren, um den technischen Fortschritt in der
Bauwirtschaft zu berücksichtigen.
Wer sich die möglichen Ausnahmen der Richtlinien-Novelle
ansieht, erkennt die Gebäudetypen, die auch unsere aktuelle
EnEV 2009 von ihren Anforderungen verschont. Es sind
zunächst die Baudenkmäler, welche die Novelle beschreibt als
„Gebäude, die als Teil eines ausgewiesenen Umfelds oder
aufgrund ihres besonderen architektonischen oder
historischen Werts offiziell geschützt sind, soweit die
Einhaltung bestimmter Mindestanforderungen an die
Gesamtenergieeffizienz eine unannehmbare Veränderung ihrer
Eigenart oder ihrer äußeren Erscheinung bedeuten würde;“
sowie kirchliche Gebäude für Gottesdienst oder andere
religiöse Zwecke, Ferienhäuser, kleine Gebäude unter 50
Quadratmeter (m²) usw.
Im Baubestand sollen die EU-Staaten nach wie vor nur bei
größeren Änderungen die Mindeststandards einhalten. Dabei
bestimmt jedes Land selbst, was es als „größere Renovierung“
eines Gebäudes anerkennt. Die Novelle bietet ihnen folgende
zwei Optionen zur Auswahl an:
-
Die Gesamtkosten der
Arbeiten an der Gebäudehülle oder den gebäudetechnischen
Systemen übersteigen 25 Prozent (%) des Gebäudewerts –
allerdings ohne den Wert des Grundstücks, auf dem das
Gebäude errichtet wurde.
-
Über 25 Prozent der
Oberfläche der Gebäudehülle wird renoviert.
Unsere aktuelle EnEV 2009 greift bei Modernisierungen der
Gebäudehülle nur dann, wenn die sanierte Bauteilfläche –
Außenwand, Fenster, Dach, Decke - 10 Prozent der gesamten
entsprechenden Bauteilfläche des Gebäudes übersteigt und
wenn die Art der Renovierung in der Anlage 3 (Anforderungen
bei Änderung von Außenbauteilen) gelistet ist.
Die Umwelt wir am effizientesten entlastet, wenn Gebäude
möglicht wenig Heizung benötigen und sie die benötigte Wärme
aus erneuerbaren Quellen decken. Als „Energie aus
erneuerbaren Quellen“ erkennt die EU-Richtlinie Wind, Sonne,
aerothermische, geothermische, hydrothermische Energie,
Meeresenergie, Wasserkraft, Biomasse, Deponiegas, Klärgas
und Biogas an.
Alternative, hocheffiziente, technische Systeme listet die
EU-Richtlinie im Artikel 6 (Neue Gebäude) im ersten Absatz.
-
dezentrale
Energieversorgungssysteme auf der Grundlage von Energie
aus erneuerbaren Quellen,
-
Kraft-Wärme-Kopplung,
-
Fern-/ Nahwärme oder
Fern-/ Nahkälte, insbesondere, wenn sie ganz oder
teilweise auf Energie aus erneuerbaren Quellen beruht,
sowie
-
Wärmepumpen.
Jedoch auch bei größeren Renovierungen sollen sich die
Mitgliedsstaaten nach dem Willen der EU dafür einsetzen,
dass die Sanierer auch die gelisteten alternativen Systeme
in Betracht ziehen und berücksichtigen, „sofern dies
technisch, funktionell und wirtschaftlich realisierbar ist.“
In Deutschland gilt das bundesweite
Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG 2009) vorrangig
für Neubauten. Bauherren müssen seit Anfang des Jahres 2009
einen Teil der Wärme für ihre Neubauten über erneuerbare
Energien decken oder die Energieeffizienz mit anerkannten
Ersatzmaßnahmen erhöhen. Die Forderung der EU-Richtlinie
zielt darauf hin, dass auch bei Bestands-Modernisierung
künftig der Einsatz von erneuerbaren Energiequellen geprüft
und ggf. anwendet wird.
Wer im Altbau sitzt …
Europäische
Gebäuderichtlinie 2010
Energieeffizientere Gebäude
Energieausweis im
Baubestand
Fachliche Fragezeichen
bleiben
Fazit:
Chancen für Sanierer und Fachleute
Quellenhinweise
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M. Tuschinski: Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie 2010
Ab 2020 nur noch Passiv- und Nullenergie-Neubau in EU-Ländern
23.06.2010
EU-Richtlinie EPBD 2010 - Fristen zur Anwendung
18.06.2010
EU-Richtlinie EPBD 2010 - Volltext
HTML-Format
12.05.2010
Standpunkt EU-Amtsblatt (Seite 32 - 58)
(pdf)
30.04.2010
Artikel: Ab 2020 nur noch Passiv- und Nullenergie-Neubauten
20.04.2010
Artikel:
Null-Energie-Neubau fest im Blick
(pdf)
14.04.2010
Neufassung der
EU-Gebäuderichtlinie
(pdf)
31.03.2010
Interview zur Novelle
EPBD EU-Richtlinie
(pdf)
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